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Ota Filip (1930–2018) ist zwangsweise aus der ehemaligen Tschechoslowakei in die Bundesrepublik, Jan Faktor (geb. 1951) freiwillig in die DDR emigriert. Beide haben die in diesem Buch vorgestellten Werke Café Slavia (Filip) und Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensackbimbams von Prag (Faktor) in deutscher Sprache verfasst. Obwohl sie darin nicht über ihre Emigration schreiben, sondern die Romane als Prager Stadtromane bezeichnet werden können, spielen typische Motive der Emigration wie Flucht, Suche nach Freiheit oder nach Sicherheit eine fundamentale Rolle. In einer raumnarratologischen Analyse zeigt Karl-Heinz Gmehling, dass zum einen Wohnungen für die Protagonisten als zentrale, ja überlebenswichtige Räume fungieren und gleichsam als anthropologische Konstante angesehen werden können. Zum anderen sind in den Bewegungen der Protagonisten deutliche, aber unterschiedliche Muster einer erfolglosen bzw. erfolgreichen Flucht erkennbar.
Ahmet Haşim (1887–1933) und seine Gedichte sind der Inbegriff des Übergangs von der osmanischen Klassik zur türkischen Moderne. Verwurzelt in der islamischen Mystik und verfasst in der reichen persisch-arabischen Bildsprache, brechen sie mit überkommenen poetischen Mustern und atmen den Geist der neuen Zeit. In den turbulenten Anfangsjahren der türkischen Republik orientiert sich Haşim sowohl an den persischen, arabischen und osmanischen Dichterkoryphäen als auch an den französischen Symbolisten. Die zeitgenössische Literaturkritik charakterisiert das Werk des Einzelgängers als „Symphonie der Einsamkeit“. Wolfgang Günter Lerch stellt in diesem Band einen außergewöhnlichen und hierzulande viel zu wenig bekannten Dichter vor. Neben Haşims beeindruckender Lyrik lässt er uns auch seine raren Prosatexte entdecken. Im „Frankfurter Reisetagebuch“ zeigt sich der Dichter als aufmerksamer und sensibler Beobachter, dessen Kommentare zur ihm fremden europäischen Welt ebenso lesenswert sind wie die zu den Veränderungen in seiner türkischen Heimat.
Aufgrund der anhaltenden Fluchtbewegungen fordert Aleida Assmann zur Umstrukturierung national ausgerichteter Erinnerungskulturen auf, damit Flüchtlinge mehr an Erinnerungsprozessen partizipieren können. Diese Forderung greift die Studie am Beispiel der Untersuchung der topografischen und erinnerungskulturellen Darstellungen der Flucht in der Kinder- und Jugendliteratur auf, indem ein Modell des Gedächtnisses der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur entwickelt wird. Im Vordergrund stehen zwei historische Phasen: die Flucht während des Nationalsozialismus (1933–1945) und die Flucht aus der Deutschen Demokratischen Republik (1957–1989). Mit der vergleichenden Untersuchung von ...
„Der Nationalruhm ist ein täuschender Verführer. Zuerst lockt er und muntert auf; hat er eine gewisse Höhe erreicht, so umklammert er den Kopf mit einer ehernen Binde. Der Umschlossene sieht im Nebel nichts als sein eigenes Bild, keiner fremden neuen Eindrücke mehr fähig. Behüte der Himmel uns vor solchem Nationalruhm.“ (Herder) Nationales und universales, weltbürgerliches Denken entfalten sich bei Herder in erstaunlicher Wechselbeziehung. Von größter Bedeutung ist dabei sein schon in früher Jugend einsetzendes und bis in die Weimarer Spätzeit fortdauerndes übersetzerisches Tun. Die Beschäftigung mit den Literaturen unterschiedlichster Nationen erschien ihm sinnvoller als das Studium der politischen und Kriegsgeschichte. Denn: „In dieser sehen wir selten mehr von einem Volke, wie es sich regieren und töten ließ; in jener lernen wir, wie es dachte, was es wünschte und wollte.“ (Herder)
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