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Der hier vorliegende erste Prosaband des Autors führt uns in die turbulente Zeit kurz vor und kurz nach der politischen Wende in der damaligen DDR. Mit dieser Veröffentlichung schreibt Dieter Scheidig gegen das Vergessen an. »Trocken-warmer Septembermontag 1988. Ein Mensch befindet sich in einem Autobus einer nahegelegenen LPG auf dem Weg nach Brehna. Berthulf Meßdorf, so sein Name, saß an einem Fensterplatz und schaute durch die staubfleckige, vergilbte Scheibe, in der sich sein Gesicht spiegelte. Kein schönes Gesicht. Pferdehaft lang, breite Backenknochen. Unruhig zuckender, blonder, kaum sichtbarer flaumig-dünner Oberlippenbart. Er war nervös. Trotz der ersehnten Aussicht auf Veränderung seines äußeren Lebens war er so nervös wie schon lange nicht mehr. Die Winkel seiner Augen zu beiden Seiten der Nasenwurzel lagen in tiefem Schatten: Berthulf Meßsdorfs Atem roch nach Unsicherheit.«
Verständnis wecken für die Stätten stillen Gedenkens, Verständnis für eine Welt, in der die Wirklichkeit wie ein Eindringling wirkt, wo Geschichte und Vergangenes gegenwärtig sind, das ist der Zweck dieses Buches. Wir sind blind geworden für die Freude am Memento mori, für das schauerliche Genießen der Vergänglichkeit. Morsche, zerbröckelnde Figuren scheinen die Geschichte festhalten zu wollen. Eine Ahnung des Südens liegt auf flachen Tempelfronten und abgebrochenen Säulen, über sonnenhellen Flächen mitten in der Stadt. Der Grabengel, die Plastik vor duftendem Flieder und Efeu, die Spuren des Verfalls ... alles ist dort noch zu finden. Diese Orte scheinen aus dem Alltag gehoben, sind Reservate der Erinnerung, erzählen Geschichte und Geschichten eines Jahrhunderts.
Das ewig Weibliche? Das Herz einer Frau Der Inhalt einer Worscht, Der Magen einer Sau Bleiben ewig unerforscht. Dieses wenig schmeichelhafte Zitat von Wilhelm Busch passt genau auf der Protagonisten Leiden an der Daseinswahrnehmung in Bezug auf die ihnen vertraut scheinenden Frauengestalten. Scheidig fokussiert seine Helden ganz genau. Immer geraten sie mit traumwandlerischer Sicherheit an Frauen des Typus Belle Dame sans mercie, also auf die wunderschöne, aber mitleidlose und daher siegesgewisse Frau. Ganz ehrlich, da kann ein Mann nur unterliegen! Die Beifahrertür klappte: Peter Kriener wollte am heutigen Mittwoch die für ordnungsgemäße Mülltrennung in bundesdeutschen Haushalten der ...
In diesem Krieg der Ratlosen und der Ratlosigkeit ist es das Ziel dieser Zeilen, besonnen einzuordnen, Strukturen sowie Meta-Ebenen zu entwickeln und der Halbgebildeten-Fama-Rederei entschieden entgegen zu treten. Denn: Es gibt einen Logos, einen logischen Instinkt in uns, der Versteckspiele zu durchschauen vermag. Nicht geistesblind, widerstandslos und kotauhaft dem herrschenden obszönen Klubzwang der gehäkelten Regenbogen-Mützenträger zu folgen. Begründbare und zumindest teilbelegbare Zweifel zu äußern. Praktikable Lösungen anzubieten. Versuchen, sich unter den wabernden Wahrheiten die Realste herauszusuchen. Seine eigene, selbst-gemachte Geschichte kennen und sich dem herrsch-enden Klubzwang zu widersetzen. Denn: Es gibt wenig, was auf Dauer richtig und wichtig zu bleiben scheint ...
Den heutigen, im Verhältnis zu ihrer Wählerstimmzahl eine zu heftige gesellschaftliche Dominanz besitzende, fast völlig geschichts- und gesichtslosen Einweg - Politik-Protagonisten und auch deren willigen Rezipienten und Folgern sind Spartakus-Aufstand, Kapp-Putsch und Hyperinflation schlicht unbekannt. Kaum einer ist in der Lage und willens, gegen das woke, emotionsgesteuerte, jetztzeitliche Wirklichkeitskonstrukt mit Wirksamkeit anzuschreien. Der Widder-Rammsporn einer Gegenmeinung scheint ihn nicht durchbrechen zu können. Indes: Oft wird von alternden, in Krisen befindlichen, recht-haberischen Gesellschaftssystemen vollkommen die Wirkung der Opposition unterschätzt. Und so kann es geradezu befreiend wirken, alberne Mikroreaktionen der Herrschenden (Energie-pauschale, Tankrabatt) zu bemerken, die in dem Unwillen und lauten Schweigen der Unteren auf soziale Missstände ihre Ursache besitzen.
Der vorliegende heimatgeschichtliche Kulturführer erkundet den nordöstlichen Teil des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt - das Gebiet zwischen der Oberen und Mittleren Saale mit dem Roten Berg, dem Weiratal und dem einsamen Waldgebirge Heide. Auf Schritt und Tritt sind dabei Erinnerungslandschaften zu entdecken, wie sie verschiedener kaum sein können - die fruchtbare Off-Landschaft des Saalfelder Kessels und der Unteren Orlasenke, die bewaldeten Höhenzüge des Buntsandsteins im Norden und die karge altzeitliche Verebnungsfläche des Schiefergebirges im Süden mit den fjörd-artigen Wasserspiegeln des Hohenwarte-Stausees. Dabei richtet sich dieser landschaftsmythologische Beitrag an Alteinge...
Das trojanische Klavier An einem geschenkten Flügel der 1850er Jahre verletzt sich ein Protagonist der ersten Erzählung des Buches bei der Restaurierungs-Demontage. Der Notdienst ist ratlos. Nochmals in die Villa der sächsischen Kleinstadt fahrend, welche die letzten hundert Jahre den Standort des Instrumentes bildete, wird das dortige Stadtarchiv zum Lösungsansatz einer Mordstory. Das Erinnern des Raben Der Studienabbrecherin Liane Kroyer passiert während ihres neuen Jobs als archäologische Grabungshelferin in Dänemark eine eigentlich völlig unglaubwürdige Story: Der Rabe Kolk spricht sie inmitten der Hügelgrab-Landschaft der Halbinsel Knudshoved Odde an. Liane leistet dem merkwürdigen Rat des Flattertieres Folge und findet ein ungewöhnliches Objekt, welches ihr aus ihrem roten Ferienhaus gestohlen werden wird. Aufklärung schafft ein ferner Freund, der auf Lianes heftiges Bitten rasch ins herbstliche Dänemark reist. Urgeschichte, Liebe, Betrug, Rauschmittel und die wirklich wunderbare Landgegend Dänemarks bilden den Kranz um eine durchaus verblüffende Auflösung dieser Novelle.
Ein leicht schrulliger Sammler bekommt durch eine Internet-Anzeige ein wunderschönes Tasteninstrument geschenkt. Der Flügel stammt aus den biedermeierlichen 1850er Jahren und muss nur in der Vorstadt-Villa einer westsächsischen Industriestadt abgeholt werden. Nachdem die riesige Klimperkiste die erste Nacht im verwahrlosten, mit Efeu und Knöterich eingewachsenen Haus von Luis Raber steht, beginnt eine Kette wirklich merkwürdiger Ereignisse, an deren Ende die Aufklärung eines eigentlich perfekten Verbrechen aus dem Jahr 1926 liegt. Die wunderschöne und talentierte Art-Deco-Pianistin Senta Arden und der trinkfeste, heimatinteressierte Gastwirt Dankmar, schwere Limousinen und mittelamerikanische Pfeilgiftfrösche treiben die kurze Novelle auf ihr furioses Ende zu.
Die drei Erzählungen thematisieren die individuelle Herangehensweise an Leben und Werk bekannter Autoren, fernab der germanistischen Theorie. Der Leser begleitet die Protagonistin Laura auf ihrer Reise zu den Dichtern ETA Hoffmann, Friedrich Hölderlin und Rainer Maria Rilke. Dabei geraten Laura und die Autoren in eine seltsame, wechselseitige Beziehung...