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Zweistromland, 1926 erstmals im alten Philo Verlag erschienen, dokumentiert die Diskussionen, die vor und nach dem 1. Weltkrieg innerhalb des deutschen Judentums geführt wurden. Den Gefahren der Assimilation, Akkulturation und des Zionismus setzt Rosenzweig ein Bildungsprogramm entgegen, das noch heute von politischer Brisanz ist, da es u. a. eine kollektive Identitätsbestimmung des deutschen Judentums versucht.
Ernst Fraenkels 'Doppelstaat' ist ein Standardwerk über die Politik, die Justiz und das Recht im Nationalsozialismus. Fraenkels These ist, dass im Nationalsozialismus zwei Formen der Herrschaft nebeneinander bestehen: Im "Normenstaat" gelten die bisherigen Rechtsvorschriften in dem Umfang weiter, wie es zur Funktionsfähigkeit des fortexistierenden kapitalistischen Wirtschaftssystems erforderlich ist. Im "Maßnahmenstaat" wird nicht nach rechtlichen Regeln, sondern nach Kriterien politischer Opportunität entschieden, um die Herrschaft des Regimes zu sichern und um seine spezifischen Ziele – wie die Judenverfolgung - durchzusetzen. Im Zweifel entscheidet der Maßnahmenstaat nach seinem Interesse, ob eine Angelegenheit nach den Regeln des Normenstaates oder nach den Bedürfnissen des Maßnahmenstaates behandelt wird. Das Buch fand seit Mitte der siebziger Jahre in der wissenschaftlichen Literatur und der Publizistik eine breite Resonanz. Der "Doppelstaat" erreichte den Rang eines Klassikers.
Thomas Gnielka verarbeitet nach dem Kriege das Grauen des Gesehenen und Erlebten zu einer Erzählung, die er unter anderem 1952 bei der Gruppe 47 vorträgt. Das Trauma Auschwitz bleibt sein Thema auch als Journalist der Frankfurter Rundschau. So deckt er den skandalösen Umgang der Wiesbadener Behörde für Wiedergutmachung auf. Und er leitet Aktenblätter, die er von einem Auschwitzüberlebenden, die dieser in den Wirren der Flucht an sich genommen hatte, an den Generalstaatsanwalt Bauer weiter. Sie enthalten Namenslisten des Lagerkommandanten Höß über "Erschießungen auf der Flucht": Ein wichtiger Baustein für den Frankfurter Generalstaatsanwalt Bauer zur Eröffnung des ersten Auschwit...
Bernd Neumann legte 1996 nach jahrelangen Recherchen eine detaillierte, äußerst materialreiche und fundierte Biografie des Schriftstellers Uwe Johnson vor. Sie erregte seinerzeit große Aufmerksamkeit und sorgte für kontroverse Diskussionen. 2014 im Juli wäre Johnsons 80. Geburtstag gewesen und im Februar ist sein 30. Todestag. Anlass, sich mit Werk und Leben, des "Dichters der beiden Deutschland", ein Kennwort, welches die Literaturkritik für ihn geprägt hat, erneut auseinanderzusetzen.
Zygmunt Bauman tritt mit seinen Beobachtungen und Analysen zur Zukunft Europas den Beweis an, dass Europa durchaus die Möglichkeiten hat, die gewaltigen Herausforderungen des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu meistern. Er plädiert in seinen tief in der europäischen Geistesgeschichte verwurzelten Essays für ein Festhalten am Projekt Europa. "Sinn und Wahnsinn der Moderne" – eine Laudatio von Ulrich Beck aufden großen Soziologen und Philosophen beschließt den Band. Mehr als je zuvor benötigt unser von Konflikten geschüttelter Planet jene Qualitäten, die insbesondere Europa in seiner mehr als zweitausendjährigen Geschichte erworben hat: die Fähigkeit zur Selbstkritik, zu Forschung ...
Die Kolonien sind inzwischen weit¬gehend abgeschafft, aber haben sich damit auch das Kolonialverhältnis und der allgegenwärtige Rassismus aufgelöst? Nicht nur die jüngsten Debatten über Postkolonialismus, um die Thesen des Philosophen Achille Mbembe oder über das Konzept des Humboldtforums im Berliner Schloss zeigen, dass dieses Trauma auch nach der Erringung der politischen Unabhängigkeit auf vielen Ländern der Dritten Welt noch lastet und ein rassistisch oder kolonialistisch gefärbter Überlegenheitsdünkel nach wie vor in erschreckendem Maße die Haltung ist, die die Erste Welt gegenüber den Menschen und Gesellschaften in den früheren Kolonien einnimmt. Auf hohem literarischen...
Anhand von Kant, Schelling und Hegel wird hier noch einmal die Konstruktion des Sinns in der unbewussten Produktion der Geschichte aufgedeckt. Burckhardt bezweifelt ihn; Marx hält in seiner Weise daran fest. Mit Nietzsche beginnt eine neue Stufe des Geschichtsdenkens. Heidegger und Carl Schmitt stehen als Exponenten eines Blicks auf die Geschichte jenseits des geschichtsphilosophischen Sinns: Sie changiert nun zwischen "Weltverdüsterung" und "Freund und Feind". Das Bedenken des in der Geschichte angerichteten größtmöglichen Übels bildet den Abschluss des Bandes. Entgegen der "Gedächtniskultur" plädiert Kittsteiner für eine von geschichtsphilosophischen Fragen angeleitete Geschichtsschreibung. Mit dem Titel "Out of Control" reagiert Kittsteiner auf Saskia Sassens "Losing Control?". Er fragt nach: "Losing Control? Welche Kontrolle? Hatte Sie jemals bestanden? Die Geschichte im Zeitalter des Kapitalismus war nie unter Kontrolle des Menschen, darum ist ein Verlust nicht zu beklagen. Aus der Frage 'Losing Control?' wird die konstatierende Aussage 'Out of Control'."
Mit der Corona-Pandemie haben sich Fragen des Sterbens und plötzlichen Todes aus dem Rahmen des Familiären in den Vordergrund der Öffentlichkeit gedrängt. Wie kann eine Gesellschaft der vielen Toten angemessen gedenken? Und gibt es Trost für die Hinterbliebenen? Hält man sich an die Literatur, so zeigt sich, dass die Sterberealität und ein im Jenseits liegender Trost nicht immer zur Deckung zu bringen sind. Am Ende wird mehr getröstet, als der kritische Verstand eigentlich erlaubt. "Trost" versagt ohnehin vor der Shoah und wird doch in einzelnen Fällen (so in einer evangelischen Gemeinde im KZ Theresienstadt) zur Möglichkeit.
»Bei Arendts Bericht über den Eichmann-Proze߫ handelt es sich »um eine nachgerade apokryphe Schrift [...], in der bei weitem mehr abgehandelt wird als der nationalsozialistische Judenmord allein.« (Dan Diner) Hannah Arendts Bericht über den Eichmann-Prozess hat in den 1960er Jahren eine Kontroverse entfacht. Insbesondere frühere Repräsentanten der Juden in Deutschland haben gegen das Buch polemisiert, Arendt gar eine »Kriegserklärung« (Siegfried Moses) ins Haus geschickt. Auch das von Arendt so genannte jüdische Establishment in den USA und in Israel organisierte gegen die Autorin eine regelrechte Kampagne. Monatelang erschienen in Zeitungen und Zeitschriften kritische Artikel un...
"Die Demokratiedebatte der Zwischenkriegszeit gehört fraglos zu den Sternstunden der politischen Ideengeschichte. In der Auseinandersetzung mit den Vordenkern der liberalen Demokratie lässt sich der existenzielle Ernst der Argumentation nachempfinden. Ihre Einsichten bleiben aktuell, weil sie uns daran erinnern, wie anspruchsvoll das Projekt der liberalen Demokratie tatsächlich ist." Demokratie war in Weimar und ist auch im 21. Jahrhundert ein Versprechen auf die Zukunft, getragen von Hoffnungen auf Verbesserung, dem Leitbild einer sozialen Demokratie folgend und von der Vision erfüllt, Klassenkonflikte zu überwinden. Die kurzen vierzehn Jahre ihrer Existenz gleichen einem Laboratorium ...