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Bereits im 19. Jahrhundert mehrten sich die Stimmen, die sich gegen "Prügelpädagogen" wandten und eine Abschaffung körperlicher Strafen in Schulen forderten. Dennoch blieben Schläge in nahezu allen Ländern der Bundesrepublik bis um 1970 ein (wenn auch mit Einschränkungen) erlaubtes schulisches Erziehungsmittel – um dann innerhalb weniger Jahre nicht nur ihre schulrechtliche Legalität, sondern auch jegliche gesellschaftliche Legitimität zu verlieren. Diesen auffälligen Kontrast von langer, kontroverser Debatte und raschem Wandel will diese Studie erklären. Dazu nimmt sie öffentliche, pädagogische und juristische Debatten genauso in den Blick wie die Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen und die soziale Praxis. Durch den langen, von den 1870er-Jahren bis ca. 1980 reichenden, Betrachtungszeitraum kann sie sowohl langfristige Kontinuitäten im Prozess der zunehmenden Ächtung von Erziehungsgewalt als auch entscheidende Veränderungen und Beschleunigungen aufzeigen.
Die Beiträge des Bandes befassen sich mit (physischer wie anderer) Gewalt, die von Jugendlichen ausgeübt oder ihnen von Erwachsenen etwa in Schulen und Fürsorgeheimen zugefügt wurde. Sie zeigen, dass solche erfahrene wie diskursiv verarbeitete Gewalt nur dann angemessen verstanden werden kann, wenn sie in einen größeren gesellschaftlichen Kontext gestellt wird – sei es hinsichtlich der Frage nach Wehrhaftigkeit, moralisch angemessenem Verhalten oder nach Generationen- und Geschlechterverhältnissen. Zugleich wird erkennbar, dass es zwar über das 20. Jahrhundert hinweg grundsätzlich eine Tendenz zu erhöhter Sensibilisierung für Gewalt und zu ihrer negativen Bewertung gab, abgescho...
Internate galten und gelten als »Schulen der Männlichkeit«. Daniel Gerster geht der Bedeutung dieses Konzepts, seinen Diskrepanzen und Wandlungen nach. Internate galten in den bürgerlich-protestantischen Gesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts als »Schulen der Männlichkeit«. Aus Sicht von Pädagogen und interessierten Eltern boten sie Jungen den Raum, ohne übermäßigen weiblichen Einfluss unter Aufsicht von Männern aufzuwachsen. Eine Erziehung zu Männlichkeit war von großer Bedeutung in einer Zeit, in der das Geschlecht die soziale Stellung einer Person grundlegend bestimmte. In Großbritannien schickten daher zahlreiche Eltern aus der middle class ihre Söhne auf Internate, ...
Benjamin Ziemann beschreibt Deutschlands Geschichte als Entwicklung sozialer Teilsysteme. Diese Perspektive, inspiriert von Niklas Luhmann, ermöglicht verblüffende Einsichten in die Dynamik, aber auch die Fragmentierung der modernen Gesellschaft seit 1880. Funktionsbereiche wie Kunst, Massenmedien und Sport wurden autonom – und zugleich war es auch für eine Diktatur wie das »Dritte Reich« nicht mehr möglich, die Gesellschaft komplett zu steuern.
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Junge Menschen brechen auf der Straße das Recht und berufen sich dabei auf das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nach dem die Lebenden nicht das Recht haben, die Freiheit künftiger Generationen zu halbieren. Die Bundesregierung hält sich nicht an das Pariser Abkommen und stößt zugleich an die Grenzen des Wachstums und der Schuldenbremse, weil die Kosten der Klimakrise und des Klimawandels zugleich aufgebracht werden müssen. Es ist ein Widerspruch entstanden zwischen Demokratie und Ökologie, zwischen dem unabwendbaren Zeitdruck und der anscheinend gottgegebenen Langsamkeit der Demokratie. Die Historikerin Hedwig Richter und der ZEIT-Journalist Bernd Ulrich wollen diesen Wider...
Deutschland und Europa – ein herausragendes, kluges Buch zu einem der dringlichsten Themen unserer Zeit. Vom Spiegel-Bestsellerautor Andreas Rödder, der zu den bedeutendsten deutschen Historikern zählt. Deutschland steckt in einem Dilemma. Allenthalben wird erwartet, dass es politische Führung übernimmt. Doch wenn es dies tut, ist der Vorwurf der deutschen Dominanz vorprogrammiert. Der renommierte Historiker Andreas Rödder erzählt die Geschichte, die dahintersteht: die Geschichte der »deutschen Stärke« in Europa, die alle Katastrophen des 20. Jahrhunderts überlebt hat, die Geschichte deutscher Selbstbilder als Kulturnation und die Geschichte der vielen zwiespältigen Gefühle der...
Was sind die Konfliktkonstellationen unserer Gegenwart, wie sind sie entstanden und woher kommen sie? Haben sie sich radikalisiert, verästelt oder weiter entfaltet? Andreas Rödder knüpft an die Erfolgsgeschichte seiner brillanten Gegenwartsanalyse "21.0" an und legt mit "21.1" das lang erwartete Update seines historischen Crashkurses durch die Grundprobleme unserer Zeit vor. Die Welt verändert sich immer rasanter: Während die Covid-Pandemie alte und neue Paradoxien offenbart, der Klimawandel durch die Fridays For Future-Bewegung weiter in den Fokus der Weltöffentlichkeit rückt und die Reaktionen auf die Ermordung George Floyds auch hierzulande die Debatten um Identitätspolitik neu en...